Mostar ist die grösste Stadt der Herzegowina, des südlichen Teils von Bosnien und Herzegowina und berühmt für ihr Wahrzeichen, die Brücke Stari most. Für diejenigen, welche Jugoslawien in den Zeiten von Tito noch nicht bereisten, ist die Brücke wahrscheinlich seit dem Bosnienkrieg in den 90er-Jahren ein Begriff.

Die Neretva führt mitten durch Mostar.

Erlaubt mir ein paar Sätze zur jüngeren Balkangeschichte. Jugoslawien umfasste die heutigen Staaten Slowenien, Kroatien, Serbien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Kosovo und Nordmazedonien. Die Hauptstadt war Belgrad, was im heutigen Serbien liegt. Jugoslawien war keine Demokratie. Zwischen den Völkern gab es immer wieder Streit, aber unter der sozialistischen Führung von Tito blieb mancher Konflikt «unter dem Deckel».

Einer der vielen muslimischen Friedhöfe mitten in der Stadt.

In den frühen 90er-Jahren forderten zuerst Slowenien, dann Kroatien und später die weiteren Teilrepubliken ihre Unabhängigkeit von Belgrad und dem Sozialismus. Dabei brachen auch innerpolitische Konflikte auf – wie zum Beispiel jener in Mostar zwischen Kroaten (Katholizismus), Serbien (Orthodox) und Bosnien (Islam).

Mondsichel und Kreuz kämpfen in der ganzen Stadt um die Vormacht.

Während des Krieges zerstörten kroatische Streitkräfte das Wahrzeichen Mostars, die Brücke Stari most, in einem mehrstündigen gezielten Beschuss. Im Mai 2013 verurteilte der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien sechs Verantwortliche der Kroatischen Republik Herceg-Bosna unter anderem wegen der Zerstörung der Brücke erstinstanzlich zu mehrjährigen Haftstrafen. Im November 2017 wurden alle Urteile nach Berufung bestätigt. Nach Kriegsende wurde die Brücke wieder aufgebaut und 2004 offiziell eröffnet.

Die Altstadt von Mostar.

Soweit so gut. Als ich aber mit unseren neuen Freunden, welche wir in Makarska kennengelernt haben und hier in Mostar besuchten, über die Situation sprach, erhielt ich ein nicht so rosiges Bild. Konkret habe ich danach gefragt, weshalb Teile der Stadt nach wie vor Kriegsschäden aufwiesen, obwohl dieser Konflikt über 30 Jahre her ist.

Abendessen vor dem Wahrzeichen von Mostar.

Die Anwort ist einfach – die Lösung hingegen komplex. Die bosnische (und somit meist muslimische) Bevölkerung von Mostar definiert sich über die Kriegsgreuel der serbischen und kroatischen Bevölkerung. Und will in der Folge auch tagtäglich daran erinnern. Das machen sie einerseits über die Zurschaustellung der Kriegsschäden und durch eine bewusste Segregation. Nach Angaben von UNHCR vom Februar 1999, lebten von den 47.838 kroatischen Einwohnern 47.587 westlich und von den 49.623 bosniakischen Einwohnern 49.023 östlich des Flusses Neretva.

Manche kriegsversehrten Gebäude in der Innenstadt wurden zur Strassenkunst.

Die serbische und kroatische Bevölkerung, welche zusammen etwa 50% ausmachen, möchten nach vorne schauen und die Kriegsverbrechen vergessen. Um dies politisch anzustreben sind sie aber zu unterschiedlich, denn in dem von allen drei Bevölkerungsgruppen verwalteten Stadtparlament sind die Bosniaken mit rund der Hälfte der Sitze am stärksten.

Street-Art auf einer zerschossenen Hauswand.

In der Folge verlassen immer mehr Serben und Kroaten (welche meist Doppelbürger von Bosnien-Herzegowina und Kroatien bzw. Serbien sind) das Land und der Anteil der bosnischen Bevölkerung steigt stetig an. Und damit auch der Anteil islamischer Interessen in der Stadt.

Einer der vielen architektonischen Zeitzeugen von Mostar.

Abschliessend finden wir aber, dass sich der Besuch von Mostar und der restaurierten Altstadt auf jeden Fall lohnt. Aber ebenso lohnend empfinden wir es, dass sich die Besucher der Stadt mit der schwierigen geschichtlichen Situation auseinandersetzen. Darum ist Mostar nicht das typische, aber bestimmt ein lohnendes Reiseziel.

Unser Unicorn auf dem Campingplatz Neretva.

Genächtigt haben wir auf dem Campingplatz Neretva, direkt am Fluss gelegen und nur wenigen Minuten mit dem Taxi in die Stadt. Das schien uns die beste Lösung, da die Altstadt sowie die Brücke nicht fahrradtauglich sind.

Weiter geht es mit unserer Reise nun wieder Richtung Norden. Voraussichtlich nochmals der kroatischen Küste entlang und je nach Wetter nochmals für ein paar Tage auf einen Platz am Meer.

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