Diese Tage verbringe ich zusammen mit meiner Tochter Rakhi in Dommartin-Varimont, einem 138-Seelen-Dorf im Département Marne in der Region Grand Est. Zur Erinnerung – Frankreich ist in 103 Départements unterteilt. 96 der 103 Départements liegen in Europa, zusammengefasst in 13 Regionen. Die restlichen Départements sind Übersee-Départements (Guadeloupe, Martinique, Französisch-Guayana, Réunion, Mayotte und Südprovinz). Die meisten Départements haben eine Fläche zwischen 4’000 und 8’000 Quadratkilometern und eine Einwohnerzahl zwischen 250.000 und einer Million.

Aber zurück zu unserem Standort, dem Département Marne. Hier liegt die Landschaft Champagne, die durch den dort hergestellten Champagner weltberühmt ist. Aber obwohl Champagner das international bekannteste Erzeugnis der Region ist, machen Weinberge nur einen kleinen Teil der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus.

Blick von unserem Stellplatz auf die sanften Hügel der «trockenen Champagne».

Der weitaus grössere Teil ist Ackerland, welchem die Gegend auch den Namen verdankt (altfrz. champs = Feld). Und Dommartin-Varimont liegt in der sogenannten „trockenen Champagne“ (Champagne sèche), auch „lausige Champagne“ (Champagne pouilleuse) genannt. Lausig darum, weil im 16. Jahrhundert die Böden stark ausgelaugt waren und auf den bis zum Horizont reichenden Feldern kaum etwas wuchs. Nachdem dies im 19. Jahrhundert durch ökologische Massnahmen und verbesserte Düngung behoben wurde, ist diese Gegend heute eine eigentliche Kornkammer.

Der Grund, warum ich mit Rakhi in diese abgelegene Gegend gefahren bin, ist die Afghanische Windhundzucht von Patricia Gaudichau Salor. Rakhi hat sich vor ein paar Jahren in den Kopf gesetzt, dass sie nach abgeschlossener Berufslehre als Kleintierpflegerin und Hundecoiffeuse einen Hund aus der Zucht von Patricia erwerben möchte. Hartnäckig hat sie dieses Ziel verfolgt und oft war dies auch der ausschlaggebende Motivator, wenn es in der Ausbildung oder in der Berufsschule wieder besonders zäh verlief. Und was soll ich sagen – gestern waren am Morgen die letzten Abschlussprüfungen ihrer Lehre und bereits am Abend sind wir nach 6-stündiger Fahrt hier angekommen. 🙂

Unser Stellplatz für zwei Nächte. Autark auf einem Bauernhof.

Wir stehen autark auf dem Gelände eines Bauernhofes, welcher nur 2 Kilometer von der Zucht entfernt ist. Zwar sind die Temperaturen (heute 37° Celsisus) ohne Strom – und in der Folge ohne Klimaanlage – eine Herausforderung. Aber solange unser gasbetriebene Kühlschrank noch Eis und kalte Getränke liefert, halten wir es aus 😉

Manchmal braucht es aber keine klimatische Einflüsse, um den Schreibenden schwitzen zu lassen. Es genügt auch – wie gestern nach der Ankunft geschehen – wenn die Fahrertür nach dem Aussteigen zuschlägt, der Schlüssel noch im Zündschloss steckt und die Zentralverriegelung aktiviert ist. Was in keinem modernen PKW funktioniert, geschieht leider in manchen Wohnmobilen. Die zugeschlagene Fahrertür verriegelt ebenfalls und unser Unicorn war festungsgleich abgeschlossen. Alle Fenster, Türen, Klappen verriegelt – und wir ohne Papiere, Smartphones oder Geld draussen.

Zum Bauernhof gehören auch noch 5 Tiny Houses, welche tageweise gemietet werden können.

Glücklicherweise organisierte uns unser landwirtschaftliche Gastgeber einen Schlüsseldienst, welcher am Feierabend bereit war, in diese abgelegene Gegend zu fahren. Und in der Wartezeit durften wir uns in einem klimatisierten Raum mit kalten Getränken die Zeit vertreiben. Als dann der Schlüssel-Abschlepp-Dienst in Personalunion mit seinem Pritschenwagen auf den Hof fuhr, dauerte es knapp 5 Minuten, bis unser Unicorn befreit war. Schockiert hat mich nicht der Einheitstarif von € 150 – was für Frankreich eine stolze Summe ist. Sondern mit welcher Leichtigkeit ein Profi die verriegelten Fenster unseres Wohnmobiles überwindet. Wenn wir ehrlich sind, könnten wir uns das Abschliessen der Fahrzeuge auch einfach nur schenken.

Nach diesem turbulenten Tag – Lehrabschlussprüfung, Fahrt nach Frankreich, «Einbruch» ins Unicorn – liessen wir uns vom Bauern-Ehepaar mit einem regionalen Abendessen verwöhnen und suchten bald schon unser Bett. Denn heute – ein Tag danach – besucht Rakhi das erste Mal ihren vor 14 Tagen geborenen Welpen. Ich werde auch von diesem emotionalen Erlebnis hier berichten 🙂